Friedhöfe nicht nur Orte der Trauer und des Todes – Das Leben auf dem Friedhof

Liebe Gemeinde,

für die allermeisten von uns sind Friedhöfe wohl, die Orte, die unausweichlich mit Sterben und Tod verknüpft sind. Orte der Trauer, der Nachdenklichkeit, des Abschieds. Und gerade deshalb sind sie es wohl auch die wie kein anderer Ort in vielen Geschichten, Sagen, Erzählungen und Bildern als dunkel, düster vielleicht sogar als gruselig beschrieben werden.

Doch die meisten Friedhöfe sind nicht so wie man sie sich vorstellt und erst recht sind sie keine Orte, die man nur mit Tod und Sterben in Verbindung bringen sollte. Im Gegenteil. Friedhöfe sind Orte des Lebens, der Ruhe und der Natur.

Ich möchte Sie einladen auf eine kleine Reise zu genau diesen Punkten des Lebens auf Friedhöfen. Lehnen Sie sich zurück, wenn sie mögen und lassen Sie ihr aktuelles Bild von Friedhof links liegen. Ich möchte Sie mitnehmen auf zwei Friedhöfe in München. Doch eigentlich ist es egal wo die Friedhöfe liegen.

Wir stehen vor einer großen Backsteinmauer, die sich entlang des Gehwegs und der Straße zieht. Rechts von uns, eine vierspurige Straße, reger Verkehr hier. Eine Tram rasselt mit dem Klingeln ihrer Glocke in die nächste Haltestelle, während ein Rettungswagen mit schriller Sirene über die Kreuzung rauscht. Ganz schön unruhig so eine Großstadt. Links von uns die Mauer, darin ein großes gusseisernes Gittertor. Es steht offen und wir treten ein. Beim Betreten des Friedhofes ändert sich unser Bild. Breite Wege ziehen sich über das Gelände. Bäume stehen hier und darunter viele Grabsteine. Alte Grabsteine. Der erste Friedhof auf dem wir heute stehen, schon lange stillgelegt. 1946 fand hier die letzte Beisetzung statt. Die Bäume entlang der breiten Wege und Alleen stehen in sanften rot und orange Tönen, viele haben ein Großteil ihrer Blätter schon abgeworfen. Und sofort fällt auf, der Friedhof ist ein Ort des Lebens, der Erholung, der Ruhe. Die Menschen sitzen auf den Bänken und unterhalten sich, eine Joggerin kommt uns entgegen.

Wir biegen ab vom Trubel des großen Hauptweges, um ein wenig mehr von der Ruhe des Friedhofs zu erfahren. Aber Vorsicht, ein Loch zwischen den beiden Gräbern neben uns. Hier hat doch tatsächlich ein Fuchs seinen Bau gegraben, sicher liegt er dort unten und wartet bis die Wärter die Tore am Abend schließen und es ruhig wird auf dem Friedhof. Dann kommt er raus und macht sich auf seinen Streifzug, gerade erkunden wir sein Revier, doch wenn es Nacht wird in der Stadt dann dreht es sich um, dann erkundet er unseres. Wenn die Straßen leer geworden sind, dann macht er sich auf. Schlüpft durch das Gitter des Tores und erkundet die große Stadt. In den Hinterhöfen gibt es mit Sicherheit etwas für ihn zu holen.

Wir setzen unseren Streifzug fort. Auf den Graswegen sind die Haufen der Maulwürfe zu sehen die hier graben. Und über unseren Köpfen hängt ein Specht und schlägt sich in die große alte Eiche.

Ziemlich viel Leben hier, oder?

Wir machen uns auf den Weg zu dem zweiten Friedhof unserer kleinen Reise, nur einige Kilometer weiter östlich. Auf der anderen Isarseite finden wir einen Friedhof der auch heute noch als solcher genutzt wird. Mit seinen 34 Hektar ist er wesentlich größer als der letzte und mit noch mehr Leben gefüllt. Eine Gruppe Tauben begrüßt uns mit ihrem gurren als wir durch das Tor treten. Sie sitzen auf einem Birkenast über uns und schauen neugierig herunter. Vielleicht ein wenig verwundert das jemand durch den etwas versteckt liegenden Nebeneingang auf den Friedhof tritt. Die meisten kommen wohl durch einen der drei Haupteingänge und landen direkt auf den breiten Hauptwegen, die sich wie Parkstraßen als Alleen entlang der Achsen ziehen. Wir nicht, schließlich suchen wir auch auf diesem Friedhof, die Ruhe und die Natur. Es lohnt sich wir sind kaum 50 Meter auf dem Friedhof da hüpft vor uns ein Eichhörnchen auf den Weg. Zielstrebig steuert es auf die Mitte des Weges zu. Wo will es hin? Und weg ist es wieder, zwischen einer Reihe Gräber durch unter der Hecke her und…ah es ist Herbst da vorn am Haselnussstrauch sind die Nüsse reif. Die wird es sich holen.

Vielleicht bekommen wir es noch einmal zu sehen.

Zack, da ist es wieder. Sitzt mitten auf dem Weg und schaut uns fassungslos an. Nein, Moment einmal auch dieses Eichhörnchen kommt aus der Hecke an der Mauer, das kann nicht dasselbe sein. Hier scheinen mehrere von den kleinen Rackern rumzutoben. Und auch hier finden wir Spuren von Tieren die größer sind. Zwischen zwei kleinen Büschen ist ein Loch im Boden. Wohnt auch hier eine Fuchsfamilie? Möglich.

Friedhöfe, wie dieser hier stellen Ideale Lebensräume für Tiere aller Arten da. Besonders aber für die, die vorwiegend in der Nacht aktiv sind. Und zu genau diesen zählt auch der Fuchs. Tagsüber können Sie sich ihrem Bau zurückziehen. Nacht allerdings sind gerade Orte wie ein Friedhof perfekt. Sie sind oft Parkähnlich angelegt, mit Bäumen und Sträuchern, mit Brunnen und mit Wiesen. Vor allem aber sind hier in der Nacht keine Menschen unterwegs. Und das ist viel Wert. Gerade in einer so großen Stadt.

Mit ihren Mauern Ringsum, bieten Sie ausreichend Schutz vor den Gefahren, die so eine Stadt mit sich bringt.

Schaut, dort hinter dem Grabstein sitzt wieder ein Eichhörnchen. Es vergräbt seine Ausbeute, bevor es wieder zurückläuft, um weiter zu sammeln. Doch wir sind nicht die einzigen, die es bei seinem eifrigen tun beobachten. Ein Kolkrabe hat das Treiben aus sicherer Entfernung von einem Ast beobachtet, jetzt wo das Eichhörnchen sich wieder auf die Suche begeben hat, schwebt er schnell nach unten, um die Nüsse zu stehlen. So funktioniert das in der Natur. Schlendernd erreichen wir den Ausgang des Friedhofs und sind damit wieder zurück im Großstadtdschungel. Da schon kommt die nächste Tram, die uns zurück nach Hause bringt. Ich hoffe unsere kleine Gedankenreise hat Ihnen ein wenig Freude bereitet. Und wenn Sie das nächste Mal auf dem Friedhof sind, dann halten Sie doch einmal Augen und Ohren auf. Denn auch auf dem Friedhof in Berlebeck ist allerhand los von den was die Natur uns zu bieten hat.

Yanic Redeker